Hochrangige Referenten hatte die Kreis-FDP für Mittwochabend nach Miltenberg eingeladen und offensichtlich interessiert das Thema „Mehrwertsteuererhöhung“ die Öffentlichkeit: Zahlreiche Zuhörer hatten sich eingefunden und diskutierten engagiert mit. Jörg Reinmuth, stellvertretender Kreisvorsitzender, warnte davor, dass bei hoher Staatsquote die Flucht in Steuervermeidungsstrategien programmiert sei, Karsten Klein, stellvertretender Bezirksvorsitzender, begrüßte die Zuhörer ironisch mit „Willkommen im Steuerhöhungsparadies Deutschland“ und warf SPD und CDU/CSU vor, einen „olympischen Wettkampf um Steuerhöhungen“ auszutragen. Die Referenten lieferten Fakten für diese Befürchtungen.
Marina Schuster, seit September 2005 für die Liberalen im Deutschen Bundestag, wies darauf hin, dass die FDP-Fraktion geschlossen gegen die Mehrwertsteuererhöhung um drei Punkte – das entspreche einer Erhöhung um fast 20 Prozent – gestimmt habe. Die Fraktion habe auch „durchgerechnete Finanzierungsvorschläge“ vorgelegt. Die 30-jährige gelernte Diplomkauffrau aus Roth bei Nürnberg formulierte: „Die 24 Milliarden Mehreinnahmen bedeuten 24 Milliarden Kaufkraftverlust!“ Für die Verbraucher sei mit einem Anstieg der Inflationsrate um 1,4 Prozent zu rechnen, und auch die Arzneimittelpreise würden steigen und damit die Krankenversicherungsbeiträge weiter nach oben treiben. Ihr Fazit: „Sozial Schwache – Rentner, Arbeitslose und Kinder – werden besonders stark belastet.“ Sie zitierte den Bund der Steuerzahler, der für eine Familie mit zwei Kindern eine Mehrbelastung von 1100 Euro im Jahr errechnet hatte. Besonders gravierend findet sie die Wettbewerbsverzerrungen in Europa: In vielen Ländern profitiere z.B. die Gastronomie und Hotellerie von einem ermäßigten Steuersatz, während in Deutschland 19 Prozent zu zahlen seien. Ihr Beispiel: „Warum wird auf ein Brötchen beim Bäcker 7 Prozent Mwst. erhoben, während dafür im Lokal 19 Prozent gezahlt werden müssen? Eine Steigerung der Schwarzarbeit sei wohl unvermeidbar, so Schuster. Sie verwies auf die durchkalkulierte „echte Steuerreform der FDP“ im Gesamtumfang von etwa 19 Milliarden Euro, die detailliert im Internet nachzulesen sei: www.fdp.de/steuern.
Professor Dr. Hans G. Monissen lehrte Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg und ist heute Vorsitzender der Irving-Fetscher-Gesellschaft. Sein Hauptanliegen: „Wie kann man verhindern, dass der Staat exzessiv wächst?“ Für ihn gleicht der Staat dem Hobbes’schen „Leviathan“, dem Ungeheuer, das dazu neigt, immer mehr Macht an sich zu reißen, ohne wirklich produktiv und innovativ werden zu können. Er bezeichnete die Mehrwertsteuererhöhung als „die denkbar schlechteste Lösung“, als einen „Teufelskreis“, der dazu führe, dass der „Output“ sinke, damit auch die Beschäftigtenzahl. Zudem werde so die Kapitalbildung verhindert. Sein Fazit: „Es spricht nichts dafür, die Mehrwertsteuer zu erhöhen!“ Als Wissenschaftler entlarvte er liebgewordene Politikersprücher: „Es ist absurd zu verkünden, Lohnerhöhungen führten automatisch zu steigender Kaufkraft!“ Wenn das stimme, solle als Form der Entwicklungshilfe die Gewerkschaft Verdi nach Afrika ziehen und dort ihre Lohnforderungen erheben. Sein Misstrauen gegen die Politik war unüberhörbar. Man müsse den Politikern die Chance nehmen, immer wieder willkürlich an den Steuersätzen herumzuschrauben. Das könne durch eine Fiskalverfassung geschehen: „Die Steuersätze müssen in der Verfassung festgeschrieben und damit dem Zugriff der Politiker entzogen werden!“ Am besten, das wurde in der Diskussion klar, sei eine europäische Fiskalverfassung, aber das – so Monissen – sei wohl eine Illusion.
Auch eine Flat-Tax – eine Einheitssteuer – erhielt in der Diskussion viel Zustimmung, um eine tatsächlich transparente und einfache Steuerreform auf den Weg zu bringen. Und in noch einem Punkt waren sich fast alle einig: Im Vertrauen darauf, dass bei sinkenden Steuersätzen die Wirtschaft boomt und unter dem Strich Mehreinnahmen entstehen. Beifall gab es schließlich, als Karsten Klein das Menschenbild der FDP formulierte: „In einer liberalen Gesellschaft ist der einzelne bereit, eine Menge zu tun. In einer sozialistischen nicht.“ Die Versorgungsmentalität aber sei die Quelle allen Übels.