11. Januar 2011

Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Wohnen in Nilkheim“ – Siedlungskonzepte in Zeiten demografischen Wandels entschieden

Mehr als sechs Jahre nachdem wir Nilkheimer Bürger in Zusammenarbeit mit Stadtplanungsamt und Stadtentwicklung begonnen haben, unsere Vorstellungen von der Siedlungserweiterung in Nilkheim in die fast schon legendären 15 Grundsätze zu gießen, hat die Planung für den weiteren Ausbau von Nilkheim in der ersten Dezemberwoche die nächste wichtige Hürde genommen.

Das in mehreren Kolloquien über das gesamte Jahr 2010 von fünf Planungsbüros aus allen Regionen Deutschlands zusammen mit Vertretern des Stadtrats, Fach- und Sachpreisrichtern aus verschiedenen Ämtern und Behörden und last aber nicht least sechs gewählten Vertretern der Nilkheimer Bürgerschaft erarbeitete und bewertete Konzept zur Entwicklung unserer Streuobstwiesen zu einem Baugebiet für mehr als 1.000 bauwillige Familien wurde dem Stadtrat vorgestellt. Erfreulicherweise hat der Stadtrat beschlossen, den vom Preisgericht auf den ersten Platz gesetzten Bebauungsvorschlag auch umzusetzen. Diese Entscheidung wird den Stadtteil Nilkheim nachhaltig deutlich attraktiver machen, sowohl für neue Bauinteressenten aber auch für die bereits seit vielen Jahren hier lebenden Menschen.

Zur Erinnerung: In diesem Jahr wurde für das rund 27 Hektar große Gebiet zwischen Kleiner Schönbuschallee, Ahornweg und Martin-Luther-Straße ein Städtebaulicher Ideenwettbewerb durchgeführt. Fünf Architektur- und Stadtplanungsbüros standen in Konkurrenz zueinander Ideen zur Bebauung, zur Erschließung und zur Grüngestaltung unter Berücksichtigung der in der Planungswerkstatt Nilkheim entwickelten 15 Grundsätze zur Siedlungsentwicklung zu erarbeiten. Die Planungswerkstatt Nilkheim wurde 2004 unter breiter Beteiligung der Bürgerschaft, der Vereine und sozialer Organisationen ins Leben gerufen und gilt als beispielgebend für die Einbindung der Bürgerschaft. Einstimmig entschied sich das Preisgericht am 01.10.2010 für das Konzept des Dresdner Architekturbüros Schellenberg & Bäumler.

Ausschlaggebend für den ersten Preis waren mehrere Aspekte. Zum eine überzeugte die städtebauliche Leitidee, dass drei unterschiedliche Wohnquartiere mit unterschiedlicher Baudichte, eingebettet in einen verbindenden Stadtteilpark liegen. Der Geschwister-Scholl-Platz wird in das neue Wohngebiet verlängert und bildet somit den Trittstein in das Neubaugebiet. Ihm wird eine grüne Mitte als Stadtteilpark entgegengesetzt. Am Geschwister-Scholl-Platz sollen ein Nahversorger, ein Kindergarten, Wohn- und Dienstleistungsgebäude und ein Café angesiedelt werden und dessen Mittelpunktsfunktion stärken. Auch soll eine neue Straße von der Großostheimer Straße über den Lorbeerweg an den Geschwister-Scholl-Platz dessen Anbindung verbessern. Vom Geschwister-Scholl-Platz über den mittleren Anwanderweg geht die Verbindung in den Stadtteilpark mit einer Wasserfläche über. Er schafft zum einen eine grüne Wegeverbindung zur Kleine Schönbuschallee und zum Main. Zum anderen ermöglicht er einen direkten Zugang von den neuen Baugebieten in öffentliche Parkflächen. Die Haupterschließung erfolgt über die Verlängerung der Jean-Stock-Straße und des Ahornwegs, jedoch werden die beiden Anbindungen nicht miteinander verbunden, d.h. es erfolgt kein Ringschluss, womit eine wichtige Voraussetzung für Verkehrsberuhigung gesetzt wurde.

Die Bebauung soll in mehreren Bauabschnitten erfolgen und ist so flexibel angelegt, dass die Bebauung bedarfsorientiert organisiert werden kann. Beginnend am Rüsterweg ist Geschosswohnungsbau mit maximal drei bis vier Geschossen vorgesehen. Richtung Norden zur Kleine Schönbuschallee hin schließen sich dann kleinere Wohneinheiten an, bestehend aus Einfamilienhäusern, Reihenhäusern und anderen attraktiven Bauformen auf unterschiedlichen Grundstücksgrößen. Die Ausrichtung ist hauptsächlich Richtung Südwest, was auch die geforderte ökologische Bauweise unterstützt. Für „öffentliche“ Bauten wie Kindergarten, Schule, Jugendtreffpunkt oder Altenwohnheim sind Plätze vorgesehen, die bei entsprechendem Bedarf genutzt werden können.

Soweit möglich werden die schützenswerten Baum- und Strauchbestände in das Grünkonzept einbezogen. Wichtig ist, dass der neue Siedlungsteil nicht städtischen Charakter hat, sondern vielmehr endlich auch die bislang in Nilkheim vermissten öffentlichen Grünflächen aufweist, die im Siegerkonzept auch optisch wie oben erläutert mit großen Grünflächen und einem See nahe am Geschwister-Scholl-Platz unseren Stadtteil deutlich aufwerten. Bislang wurden Forderungen nach öffentlichen Grünflächen leider vielfach mit dem Argument des nahen Schönbusch wegdiskutiert.

Den zweiten Preis erhielt das Büro foundation5+ aus Kassel. Dem Konzept liegt eine ähnliche Leitidee in Bezug auf das Grünkonzept vor wie der erste Preisträger, aber im Vergleich zum ersten Preis ist die Baustruktur weniger abwechslungsreich, der Geschwister-Scholl-Platz ist nicht erweitert, insgesamt dazu wurden wenig Ideen für die Umgestaltung des Platzes eingebracht, und der Ring (Verbindung Jean-Stock-Straße und Ahornweg) ist durchgehend erschlossen.

Auf das Büro Dreysse Architekten aus Frankfurt a.M. fiel der dritte Preis. Das städtebauliche Konzept ist von der vorgeschlagenen Bebauung und seiner Erschließung zwar robust, jedoch ist die Baustruktur insgesamt zu städtisch geprägt und damit zu wenig auf Nilkheim ausgerichtet. Der Geschwister-Scholl-Platz ist zu groß dimensioniert.

Weitere Teilnehmer waren das Büro YellowZ aus Berlin und das Büro DV Architekten aus Dachau. Beide hatten gute Ideenansätze, aber auch Schwächen im Detail.

Bemerkenswert bei der Entscheidung des Preisgerichtes ist, dass die Vertreter der im Stadtrat vertretenen Parteien sich ohne Gegenstimme eindeutig für das Konzept von Schellenberg + Bäumler ausgesprochen haben.

Jetzt ist wichtig, die sonst übliche Zeitspanne zwischen Entscheidung und Beginn der Umsetzung (…bis die ersten Bagger fahren…) von mindestens fünf Jahren deutlich zu verkürzen. Eine unnötige Verzögerung der Umsetzung des Konzeptes birgt das Risiko, dass auch dieses richtungweisende Vorhaben zur Stadtentwicklung durch allerlei „Bedenkenträger“ zerredet und in Frage gestellt und damit unnötig auf die lange Bank geschoben wird. Alle Bürger von Nilkheim hatten von Anfang der Überlegungen an die Möglichkeit, ihre Ideen, Vorstellungen und Werte in das Projekt „Planungswerkstatt Nilkheim“ einzubringen. Viele von uns haben diese Möglichkeit genutzt und an der Entwicklung der fünfzehn Grundsätze als Rahmenplan mitgearbeitet. Im nun favorisierten und entschiedenen Konzept werden diese fünfzehn Grundsätze eingehalten, wofür sich nicht nur die gewählten Vertreter der Nilkheimer Bürgerschaft sondern auch alle anderen Preisrichter immer wieder stark gemacht haben.

Das von der Stadt gefundene Modell der breiten Bürgerbeteiligung und das anschließende Wettbewerbsverfahren haben gezeigt, dass auch große Infrastrukturprojekte im Konsens entwickelt und zur Umsetzungsreife gebracht werden können. Man kann nur wünschen, dass die Stadt Aschaffenburg diesen Weg der offensiven Einbeziehung seiner Bürger bei wichtigen Stadtentwicklungsvorhaben auch in Zukunft weitergeht.

Die FDP hat deswegen auch im Stadtrat gefordert, dass die Stadt nun mit Hochdruck an die Umsetzung des prämierten Konzeptes geht, bevor die so einvernehmlich getragenen Lösungen wieder zerredet werden. Vorrang sollen dabei insbesondere alle im Konzept enthaltenen Maßnahmen haben, die zu einer Stärkung der Mittelpunktfunktion des Geschwister-Scholl-Platzes führen. Dieser Forderung hat der Stadtrat auch entsprochen.

Peter Verhoefen

Schatzmeister FDP Aschaffenburg Stadt


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