Keinen hektischen Aktionismus, sondern überlegte Maßnahmen, das forderte Dr. med. Mathias Rolke, Lungenfacharzt in Aschaffenburg, am 15. Februar 2019 in der Aschaffenburger Stadthalle in seinem Vortrag „Luftschadstoffe, was ist gesichert und was ist unklar?“. Über 70 Teilnehmer waren der Einladung des FDP-Kreisverbandes Aschaffenburg-Stadt zu dieser Vortragsveranstaltung mit Diskussion gefolgt. Der Anlass waren die gegenwärtig stark diskutierten Maßnahmen zur Luftreinhaltung durch Einschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs.
Dr. Rolke erläuterte die naturwissenschaftlichen Hintergründe einzelner Luftschadstoffe wie Stickstoffoxide, Feinstäube, Ozon und Schwefeldioxid sowie die chemischen Interaktionen dieser Stoffe im Verbrennungsmotor und in der Atmosphäre zum Beispiel bei Sonneneinstrahlung.
Schadstoffwirkung schwierig abzuschätzen
Bei der Bewertung der medizinischen Auswirkungen dieser Stoffe stehe der Experte vor der Schwierigkeit, die Schadstoffwirkung einer einzelnen Substanz individuell abzuschätzen. Man könne Menschen ja nicht unter Laborbedingungen Schadstoffe verabreichen, um die Wirkung zu testen. Generell könne man jedoch sagen, dass Feinstäube für den Menschen schädlicher seien als Stickstoffoxide. Feinstäube entstünden jedoch nicht nur aus dem Autoverkehr, sondern hätten viele Ursachen, überraschenderweise sogar nicht selten die Natur selber. Deshalb komme es auch immer wieder zu hohen Feinstaubkonzentrationen, auch wenn gar kein Autoverkehr herrscht.
Dr. Rolke verteidigte den Gesetzgeber, der nach Meinung vieler Anwesender viel zu niedrige Grenzwerte definiert habe. Der Gesetzgeber habe eine Verantwortung für die Bevölkerung und müsse die Menschen vor jeglichem Schaden bewahren. Es sei aber wichtig, bei der Positionierung der Messstationen Augenmaß walten zu lassen.
Der Gesundheit der Menschen verpflichtet
Als Lungenarzt sieht sich Dr. Rolke der Gesundheit der Menschen verpflichtet, und er weiß, dass die Ressourcen zur Reduzierung von Schadstoffen nicht unendlich sind: „Wir können den Euro nur einmal ausgeben.“ Er empfiehlt deshalb, sich nicht nur auf die Einschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs zu konzentrieren, was auch mit wirtschaftlichen Einbußen verbunden sein würde. Initiativen gegen das Rauchen könnten seiner Einschätzung nach mehr Menschenleben verlängern als Einschränkungen des Straßenverkehrs: „Tabakkonsum ist sehr viel riskanter als Autoabgase.“ Auch die damalige Einführung der Umweltzonen habe keinen messbaren Erfolg gebracht.
Karsten Klein, Aschaffenburger Stadtrat und FDP-Bundestagsabgeordneter, wies darauf hin, dass in Aschaffenburg über viele Jahre für rund 200 Millionen Euro Ringstraßen und Umgehungsstraßen gebaut worden seien. Wenn an diesen Konzentrationspunkten jetzt Messungen durchgeführt würden, die zu Fahrverboten führten, würden die Abgase wieder dorthin verlagert, von wo man sie weg haben wollte: in die Wohngebiete. Deswegen sei sehr genau zu überlegen, wo Messpunkte aufgestellt werden sollten.
Dr. med. Mathias Rolke ist seit 1993 Partner in einer Pneumologischen Gemeinschaftspraxis in Aschaffenburg. Neben seiner Praxistätigkeit in Aschaffenburg ist Dr. Rolke Vorstandsmitgliedschaft im Verband der Pneumologen in Bayern sowie in der Deutschen Atemwegsliga. Er ist weiterhin Mitherausgeber von Medizinischen Leitlinien.
Peter Kolb, Mitglied des Vorstandes des FDP-Kreisverbandes Aschaffenburg-Stadt und Moderator der Veranstaltung, Dr. Mathias Rolke, Lungenfacharzt in Aschaffenburg, Thomas Klein, Vorsitzender des Kreisverbandes Aschaffenburg-Stadt (v.l.n.r.)
Über 70 Teilnehmer folgten der Einladung des FDP-Kreisverbandes Aschaffenburg-Stadt in die Stadthalle, um sich über Luftschadstoffe zu informieren
Bundestagsabgeordneter und Stadtrat Karsten Klein