Main-Post, Würzburg, 30. August 2005

Aufstand der jungen Generation

Mit knapp 25 Jahren ist er bei der Bundestagswahl am 18. September der jüngste Direktkandidat im Wahlkreis Würzburg. Realistischerweise wird Moritz Kracht von der FDP die "Großen" von CSU oder SPD nicht ausstechen können. Dennoch möchte der Politik-Student einige Ausrufezeichen setzen - für seine Partei, aber auch für seine Generation.

Er ist trotz seines erfrischenden Alters schon kein Newcomer mehr. Seit fünf Jahren macht Moritz Kracht Politik - und dies durchaus erfolgreich. Bei der Landtagswahl vor zwei Jahren zahlte es sich für die FDP in Würzburg aus, ganz auf die Jugend zu setzen. Kracht holte als Direktkandidat in der Stadt ordentliche 5,1 Prozent der Stimmen, zog damit offenbar aber auch neidische Blicke aus der Landkreis-FDP auf sich. Dort war Kandidat Wolfgang Kuhl nicht über 2,7 Prozent hinausgekommen.

Auch anderweitig hatte es zwischen Stadt- und Land-FDP schon öfters gekriselt. Und so lief denn Krachts Nominierung zum Bundestagskandidaten Anfang Juli nicht reibungslos. Zwar votierte mit 26 von rund 40 FDP-Mitgliedern eine klare Mehrheit für ihn. Die Gefolgschaft verweigerten ihm aber - vermuten Insider - 13 Liberale aus dem Landkreis. Doch das ist, so wünscht es sich zumindest der Kandidat, schon längst wieder Schnee von gestern. Im Wahlkampf stehe die Partei geschlossen hinter ihm, Plakate hängen in Waldbüttelbrunn genau so wie in Würzburg.

Es braucht schon eine Portion Idealismus, um in eine aussichtslose Wahl zu ziehen. Das weiß Moritz Kracht selbst am besten. Denn eine Chance, in den Bundestag einzuziehen, hat er nicht. Auch nicht über die Landesliste. Bei deren Aufstellung hat die Unterfranken-FDP Schiffbruch erlitten. Krachts Hoffnung, als Vize der Jungen Liberalen im Bund einen vorderen Listenplatz zu bekommen, erfüllte sich nicht. Auf Rang 13 geht er nun in ein verlorenes Rennen. Verloren? Das Wort wird der Kandidat nicht hören wollen. Denn er betreibt Politik, so sagt er, aus innerer Überzeugung. Posten und Funktionen seien zweitrangig. Student Kracht ist Vertreter einer neuen Generation. Er wolle etwas verändern, sagt er. Und das klingt nicht träumerisch und verklärt wie bei manchen Straßen-Linken, sondern handfest und zielstrebig. Seine Devise: Der Staat darf nicht unsere Zukunft verspeisen. Viel zu viel, klagt Kracht, werde für Gegenwart und Vergangenheit ausgegeben. Aber wo ist die Perspektive?

"Ein Politiker muss raus aus der Scheinwelt und ran an die Basis"

Moritz Kracht FDP-Direktkandidat Würzburg

Seine eigene Partei will er mit solchen Forderungen nicht verschonen. Selbstkritisch räumt er ein, dass die FDP für die Schuldenpolitik der 90er Jahre mitverantwortlich sei. Aber mit welcher FDP identifiziert er sich selbst? Mit der neoliberalen Partei der Besserverdiener? Eher weniger. Wirtschaftspolitisch rückt er an die Seite der Union. Dagegen hält Kracht gesellschaftspolitisch die Forderung nach Freiheit und Bürgerrechten für den Einzelnen hoch. Hier setzt er auch seine persönlichen Akzente.

Der FDP-Kandidat sieht Abgeordnete freilich nicht nur in großen Zukunftsfragen gefordert. Sie müssten sich auch um ihre Regionen kümmern, verlangt er, und: Er wirft den hiesigen (Noch-)Abgeordneten Wolfgang Bötsch (CSU) und Walter Kolbow (SPD) vor, dass sie in den letzten Jahren ihren Wahlkreis und ihre Region vernachlässigt hätten. "Ein Politiker muss raus aus der Scheinwelt und ran an die Basis", so sein Credo. In Berlin bewege man sich teilweise wie unter einer Käseglocke. Kracht selbst schaut den Tatsachen ins Auge. Liberale 18-Prozent-Träume wie vor drei Jahren sind ihm fremd. Sein Ziel ist bescheidener: Er will den Schnitt der FDP in Bayern übertreffen.

Von unserem Redaktionsmitglied andreas jungbauer


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