Präambel
Wir Freien Demokraten bekennen uns ausdrücklich zu dem im Grundgesetz verankerten Asylrecht und der Genfer Flüchtlingskonvention. Es ist eine staatliche Pflicht alle ankommenden Menschen menschenwürdig unterzubringen. Brandstiftern, die aus dem Leid von Flucht und Vertreibung politisches Kapital schlagen wollen, treten wir entschieden entgegen.
Wir erwarten aber auch von der internationalen Staatengemeinschaft, der Europäischen Union und den Mitgliedsstaaten der EU, dass sie ihrer Verantwortung aus den internationalen Abkommen und Verträgen nachkommen.
[Es muss möglich sein, in der Öffentlichkeit über alle Probleme und Herausforderungen offen zu diskutieren, die mit der Zuwanderung der Flüchtlinge für die aufnehmenden Länder und Kommunen entstehen. Eine unkritische Haltung gegenüber dem Zustrom der Flüchtlinge ist ebenso wenig angebracht wie ein faktisches Sprechverbot über damit zusammenhängende Fragen aus Angst davor, als ausländerfeindlich geächtet zu werden. Nur eine offene Diskussion kann uns zu zukunftsgerichteten, weil gesellschaftlich allgemein akzeptierten Lösungen führen.
Die Flüchtlingskrise erhitzt die Gemüter: Diskussionen zu diesem Thema sind stets von hoher Emotionalität geprägt. Für uns Freie Demokraten ist jedoch wichtig, dass es bei allem persönlichem Empfinden keine Denk- oder versteckte Meinungsverbote geben darf. Jeder soll seine Meinung zu diesem Thema frei äußern dürfen, sofern sie keine Hetze oder Ähnliches beinhaltet. Meinungsdruck jeglicher Art lehnen Freie Demokraten konsequent ab!]
Die Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen, ist in den letzten Monaten dramatisch angestiegen. Gerade Bayern ist, trotz der großen Hilfsbereitschaft der Menschen, an seine Aufnahmegrenzen gestoßen.
Die Freien Demokraten haben großen Respekt vor allen ehrenamtlichen Helfern, aber auch vor den vielen Angestellten im öffentlichen Dienst und den Beamtinnen und Beamten, die sich in den letzten Wochen bis an die Grenze der Belastbarkeit eingebracht haben.
Während nach Unterfranken im Jahr 2007 751 Asylbewerber und Flüchtlinge neu zugewiesen wurden, so waren es in 2015 bis einschließlich August 4.015. Aktuell leben in Unterfranken 13.350 Asylbewerber und Flüchtlinge in staatlicher Unterbringung. Im Vergleich zu 2010 hat sich deutschlandweit die Anzahl der Asylanträge bis August 2015 verfünffacht. Bisher wurden in 2015 256.938 Anträge gestellt.
Diese Zahlen zeigen, dass es akuten Handlungsbedarf gibt.
1. Rechtsstaat wahren
Die Freien Demokraten bekennen sich auch angesichts der großen Herausforderungen der Flüchtlingsproblematik zum vom Grundgesetz vorgegebenen Rechtsstaat! Dies bedeutet insbesondere, dass die Exekutive - allen voran die Bundeskanzlerin – an Recht und Gesetz gebunden ist. Nationale, europäische und internationale Gesetze sind einzuhalten. Das bestehende Aufenthalts-, Asyl- und Ausländerrecht ist umzusetzen und erforderliche Infrastruktur dafür zu schaffen. Gegebenenfalls ist neues Personal einzustellen. Die Freien Demokraten geben dem wirksamen Vollzug bestehender Regelungen den Vorzug vor der aktionistischen Neuschaffung von Paragraphen ohne praktische Konsequenzen.
Die Schengen-Regelungen sind einzuhalten. Die Bundesregierung wird aufgerufen, im europäischen Ausland darauf hin zu wirken, dass europäisches Recht eingehalten wird. Bei anhaltenden Verstößen sind entsprechende Sanktionsverfahren einzuleiten.
2. Wirtschaftsmigration
Migration kann nicht die einzige Antwort auf Armut und soziale Probleme in den Herkunftsländern sein. Diese können erfolgversprechend nämlich nicht durch andere Länder von außerhalb allein gelöst werden. Eine wirklich nachhaltige undfriedensstiftende Lösung kann nur von innen und vor Ort kommen.
3. Fluchtursachen
Fluchtursachen müssen bereits in den Herkunftsländern bekämpft werden. Kriege, Terrorismus und Armut – die Gründe, warum Menschen aus ihrem Land fliehen, lassen sich nicht so einfach beseitigen. Dazu bedarf es eines eng vernetzten Einsatzes humanitärer, diplomatischer, entwicklungspolitischer und wirtschaftlicher Instrumente. Nur durch enge Partnerschaften mit den betroffenen Ländern lässt sich langfristig etwas bewegen. Die wirtschaftliche und rechtsstaatliche Stabilisierung des Balkans muss innerhalb Europas eine neue Bedeutung bekommen. Potentiellen EU-Beitrittskandidaten muss unmissverständlich verdeutlicht werden, dass ohne Gleichberechtigung ethnischer Minderheiten und rechtsstaatlicher Strukturen ein Beitritt zur Europäischen Union nicht möglich ist. In der Außenpolitik muss zudem die Stabilisierung zerfallender Bürgerkriegsstaaten insbesondere in Afrika eine neue Bedeutung bekommen.
3. Zuwanderungsgesetz
Dem Migrationsdruck auf die Asylverfahren muss durch die Chance auf humanitäre Zuwanderung und Job-Visa entgegengewirkt werden. Dazu fordern wir ein interessensorientiertes Zuwanderungsgesetz. Dabei soll die Einwanderung nach Kriterien wie Bildungsgrad, Sprachkenntnis, Alter und Fachkräftebedarf am Arbeitsmarkt flexibel gesteuert werden.
5. Beschleunigte Verfahren
Die Verfahren müssen durch zusätzliches Personal beschleunigt werden. Antrag auf Asyl muss in Notunterkünften/Erstaufnahmen innerhalb von 14 Tagen erfasst werden. Ergänzend zum Antrag muss die sprachliche und berufliche Qualifikation erfasst werden. Die unterschiedlichen Erfassungssysteme der zuständigen Behörden müssen sofort auf Kompatibilität umgestellt werden. In der Regel sollen die Asylverfahren innerhalb von 3 Monaten bereits in den Landeseinrichtungen abgeschlossen werden können und diejenigen ohne Bleibeperspektive gar nicht erst in die Kommunen verteilt werden. Sie sollen vielmehr aus den Landeseinrichtungen direkt ausreisen.
Sprachunterricht und Unterricht in politischer Kultur müssen bereits in den Notunterkünften beginnen. Sinnvoll wäre es auf Grund der aktuellen Erfahrungen, bei Altfällen, also solchen Verfahren, die jetzt bereits anhängig sind, sämtliche Anträge von Menschen aus den Ländern Syrien, Irak und Eritrea nach einer Sicherheitsüberprüfung pauschal anzuerkennen. Bei Vorlage von gültigen Ausweispapieren sollen diese Menschen einen Flüchtlingsstatus erhalten. Zusätzlich fordern wir die Balkanstaaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären.
6 Integration und Ausbildung
Der beste Weg zu einer gelungenen Integration führt über die Sprache. Daher bedarf es eines Angebotes kostenloser Sprach-und Integrationskurse. Die Werte unserer Gesellschaft dürfen nicht zur Disposition stehen. Nicht Deutschland muss sich ändern, sondern die Flüchtlinge müssen unsere Werte respektieren. Das Grundgesetz gilt für alle Menschen in Deutschland und jeder ist vor dem Gesetz gleich.
Wir verbauen jungen Flüchtlingen ihre Zukunft, wenn wir sie nicht ermutigen, eine Ausbildung zu absolvieren denn sie werden die Fachkräfte von morgen sein, die Deutschland dringend benötigt. Wer seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann, gewinnt Selbstvertrauen und ist auf dem besten Weg, in die Gesellschaft integriert zu werden. Wir müssen dafür sorgen, dass Asylbewerber, die in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, dies auch dürfen.
Arbeitgeber sind auch dann zur Ausbildung zu ermutigen, wenn für den Flüchtling keine dauerhafte Bleibeperspektive besteht.
7. Lastenausgleich in EU und Deutschland
Wir fordern einen gerechten Lastenausgleich in der Europäischen Union. Wir brauchen ein solidarisches Europa, gerade wenn es darum geht, den Flüchtlingen Zuflucht zu bieten und ein menschliches Leben zu ermöglichen. Dieser Aufgabe müssen sich alle Staaten innerhalb der EU stellen. Ziel muss es sein, dass alle Mitgliedsstaaten Flüchtlinge in angemessener Zahl aufnehmen. Bis dieses neue System Realität geworden ist, brauchen wir einen europäischen Ausgleichsfonds zur Unterstützung von Mitgliedsstaaten mit einer hohen Aufnahmequote. Im Rahmen der europäischen Solidarität fordern wir daher einen Aufnahmeschlüssel für Flüchtlinge, der sich nach Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft richten soll!
Gleiches gilt auch für Deutschland. Nach wie vor kommen viele Bundesländer ihren Verpflichtungen auf Aufnahme von Flüchtlingen nach dem Königssteiner-Schlüssel nicht oder nur zögernd nach. Wer aber innenpolitisch die Solidarität anderer Bundesländer einfordert und in Anspruch nimmt, muss auch bei der Flüchtlingsfrage so handeln.
Die kurzfristigen aufgetretenen starken finanziellen Belastungen auf kommunaler Ebene sind gravierend und bedürfen der dringlichen Unterstützung durch die Bundesregierung. Schätzungen besagen eine Gesamtbelastung von 6-12 Milliarden Euro für das nächste Jahr in Deutschland. Diese finanzielle Belastung müssen die Regionen und somit die Lokalpolitik zunächst alleine stemmen. Hierfür stehen den kommunalen Haushalten keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung.
Wir fordern, dass der Bund die finanzielle Verantwortung für die Flüchtlingsaufnahme in Deutschland übernimmt.
Zudem muss ein standardisiertes Verfahren für die Abrechnung zwischen den Kommunen eingeführt werden. Es kann nicht sein, dass bayerische und unterfränkische Kommunen erst die immensen Belastungen der Unterbringung auch von unbegleiteten Flüchtlingen übernehmen und dann sich mit den eigentlich verantwortlichen Kommunen mühsam und langwierig auf die Übernahme der Kosten verständigen müssen.
8. Unterbringung
Notunterkünfte dürfen keine Dauerlösung sein. Auf Dauer ist in diesen kein menschenwürdiges Zusammenleben möglich. Deshalb müssen schleunigst vom Bund entsprechende dauerhafte Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden. so dass Flüchtlingen nach maximal vier Wochen aus den Notunterkünften in ordentliche Unterkünfte untergebracht werden können. Die Kommunen dürfen damit nicht alleine gelassen werden.
Die Frage nach der Unterbringung von Flüchtlingen stellt die Gemeinden vor enorme Herausforderungen und Probleme. Forderungen privates Eigentum zu beschlagnahmen lehnen wir Freie Demokraten jedoch kategorisch ab. Vielmehr geht es darum vorhandene Kapazitäten sinnvoll zu nutzen. Auch hier dürfen Denkverbote keine Rolle spielen. Als Konsequenz aus den Überforderungen der letzten Monate fordern wir, dass alle leer stehenden Gebäude in kommunalem Besitz als Automatismus als Asylbewerberunterkunft geprüft werden. Bevor der Staat privates Eigentum beschlagnahmt muss er alle eigenen Ressourcen tatsächlich nutzen. Damit eine solche Maßnahme Wirkung zeigen kann fordern wir außerdem die Flexibilisierung des Baurechts dahingehend, dass eine Umwidmung bestehender Gebäude zu Unterkünften schneller möglich wird, auch wenn die Gebäude mit einem anderen Nutzungszweck erbaut wurden (z.B. ehemalige Altenheime).